Oracle does a CentOS

2006-11-05
Mittlerweile ist die Ankündigung eine Woche alt, dass Oracle sich entschieden hat eine eigene Linuxdistribution herauszubringen. Mittlerweile hatte ich eine Woche Zeit, mich am Kopf zu kratzen und mich zu fragen, was Larry Ellison sich dabei gedacht hat. Und mittlerweile weiß ich auch, dass ich mir die Frage nicht zufriedenstellend beantworten kann.

Da wäre zuerst einmal die Supportfrage: Wer an Oracle denkt, denkt zuerst einmal an Datenbanken, nicht an Betriebssysteme. Wer Oracle kennt, kennt zuerst einmal die Datenbanken. Was er normalerweise nicht kennt, ist Support. Der ist nämlich nicht so dolle. Warum man dann versucht, sich gerade im Linuxbereich in der Supportschiene einen Namen machen zu wollen ist mehr als rätselhaft.

Dann wäre da die Distribution selber. Gerüchte über eine eigene Distribution gibt es schon länger, auch die Gerüchte über den Aufkauf einer schon bekannten Distribution gab es zu Genüge. Mit einem “Rebuild” von Redhat Enterprise Linux hat aber wohl niemand so wirklich gerechnet. Und so richtig ist es ja auch keiner. Erstens hat man sich an einigen Stellen bei CentOS bedient, natürlich nicht ohne Hinweise auf CentOS aus den Paketen zu entfernen. Zweitens hat man angefangen Pakete umzubenennen, so z.B. das Kernelpaket. Dadurch ergibt sich folgendes Problem: Kerneltreiber von anderen Herstellern, die sich bei der Installation von RHEL oder CentOS ohne weiteres von Treiberdisketten nachladen lassen, sind nicht nutzbar.

Dann wäre da die Distribution selber: Erste Tests zeigen, dass das ein Schnellschuss war. Leere Applikationsmenüs, von CentOS übernommenene Texte beim Start des Browsers (man vergleiche das mit dem ersten Absatz im CentOS Overview) und noch einige andere “Fehlerchen” mehr sind denn doch recht auffällig.

Ebenfalls von CentOS übernommen wurde Yum, und zwar inklusive eines Paketes mit dem Namen “oracle-yumconf”, welches erstens unter CentOS seit 4.4 nicht mehr vorhanden ist und zweitens bei Oracle auf Updateserver verweist, die ebenfalls nicht vorhanden sind. Was Oracle jetzt genau nutzt, um Kunden updates zu ermöglichen, ist mir nicht persönlich bekannt. Es scheint allerdings Current zu sein. Was ein weiteres Problem aufwirft: Current benötigt eine ziemlich neue Version von yum, die laut dem Maintainer von yum eine Version von RPM vorraussetzt, die in RHEL 4 nicht vorhanden ist.

Das sieht also doch eher nach einem Fork aus, als nach einem reinen Nachbau. Damit hat sich dann auch das Thema “Binärkompatibilität” aus dem von CentOS entlehnten Absatz.

Natürlich hat RedHat reagiert: Antworten auf das “Angebot” von Oracle. Vom CentOS-Team gibt es ebenfalls eine Stellungnahme zu Oracles Linux, entstanden aus einer Q&A-Session mit Linux Planet.

Ich bin eigentlich nur gespannt, wann Larry Ellison das Interesse wieder verliert. Ich tippe auf Anfang 2007, also dem Zeitpunkt, wenn RHEL5 auf dem Markt ist. Weil: Überzeugt bin ich von dem, was Oracle bisher geliefert hat, nicht. Wirklich.

Geschrieben um 13:08

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Peeping Tom: Mike Pattons Pop-Album

2006-11-05
Seit Jahren ist dieses Album in der Mache, seit Jahren wird der Releasetermin verschoben, jetzt ist es doch da: Peeping Tom, das Projekt/Album, welches Mike Patton ganz im Alleingang aufnehmen wollte. Was ihm auch fast gelungen wäre.

Plattencover von
Peeping Tom, zusammengefaltet

Fast. So finden sich auf dem Album die üblichen Verdächtigen wie Dan the Automator und Rahzel, aber auch unerwartete Gäste wie Massive Attack und Norah Jones. Und es ist ein Popalbum geworden, genauso unerwartet. Gut, man muss eine recht erweiterte Definition von “Pop” nutzen, aber dieses Album dürfte das bisher eingängigste Album sein, welches Patton bisher herausgebracht hat, wenn man mal von Dan the Automators “Lovage”-Projekt absieht.

Was nicht heißt, dass man auf Anhieb die Hitsingle heraushören kann — beim zweiten Hören ist es “Caipirinha” mit der brasilianischen Sängerin Bebel Gilberto — oder dass man diese Musik jetzt ständig im Radio hören wird. Aber schon der Opener “Five Seconds” mit Odd Nosdam vom Hip-Hop-Kollektiv Anticon zeigt, dass Patton wirklich grooven kann, wenn er nur will.

Plattencover von
Peeping Tom, erste Ausbaustufe

Doch schon in “Mojo” mit Dan the Automator und Rahzeel ist klar, dass die Beats natürlich immer ein wenig links und rechts neben der Spur liegen, in der grundsätzlichen Kompatibilität dennoch möglichst weit weg von MTV — “Your Neighbourhood Spaceman” halt, nicht der glattproduzierte Westcoastmusiker.

In “Kill the DJ” zeigen sich denn auch Massive Attacks von ihrer bisher recht gut verborgenen schrägen Seite, und der Text, den Popfans Liebling Norah Jones in “Sucker” lasziv vor sich hinhaucht, dringt hoffentlich nicht zu den Fans vor, die auf das saubere Pop-Jazz-Image stehen. Respekt.

Plattencover von
Peeping Tom, vollständig ausgezogen

“We’re not alone” erinnert dann tatsächlich noch einmal an Faith No More — ca. “King for a day, fool for a lifetime”. Dennoch handelt es sich eher um ein R’n’B/Hip-Hop/Patton-Album, die Gitarrengewitter von Tomahawk, die Experimentalmusik von Fantômas sind hier nicht vorhanden. Musikalisch richtet sich “Peeping Tom” eher gemütlich hinter der Kollaboration mit den X-Ecutioners ein, ohne deren Härte zu erreichen. Schöne Platte.

Und wem es noch nicht aufgefallen ist: Ipecac wird so langsam das Label mit den schönsten CD-Covern. So wurde schon “Delirium Cordia” von Fantômas mehrfach nach hinten geschoben, weil es Probleme mit der Herstellung des CD-Covers gab. “Suspended Animation” war dann als spiralgebundener Kalender für den Monat April 2005 ausgeführt (die 30 Songs auf dem Album sind vom 1. April zum 30. April durchnummeriert). Und nun Peeping Tom - die Bilder sprechen für sich. Ich muss dazu sagen, dass mich das 3 Minuten gekostet hat, herauszufinden, wie diese CD zu öffnen ist. Ja, man muss rechts an der Lasche ziehen, damit links die CD-Schublade ausfährt.

Und wer jetzt sagt “Neu? Endlich? Die ist doch schon im Mai erschienen?” - ja, ich habe das Erscheinen des Albums tatsächlich verpasst. Aber besser spät als nie. Vor allem bei der Platte. 8/10 Punkten.

Geschrieben um 12:36

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Ich mag Sarkasmus

2006-11-05
Erinnert sich noch jemand an die großen Stromausfälle vor ein paar Jahren? USA - kein Strom für Millionen. Italien - auch kein Strom. Und was haben die deutschen Stromversorger erzählt, dass sowas hier nie passieren könnte.

Gut, dass sich auch die Tagesschau daran erinnert. Und schön, wie der Redakteur darauf hinweist, dass er sich erinnert:

Tagesschaumeldung über Stromausfälle in Deutschland

Und das waren die Gründe warum das in Deutschland nicht passieren kann. Erwähnte ich schon, dass ich Sarkasmus liebe?

Geschrieben um 11:02

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