Danke, archive.org

2007-08-07
Archive.org ist die Internet-Bibliothek - und versucht Internet-Seiten, Audios, Filme, Bücher und andere digitale kulturelle Artefakte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit momentan 82000 Filmen, 42000 Konzerten, 168000 Audiodateien und 240000 verfügbaren Texten gelingt ihnen das auch recht gut. Kann sich aber zum absoluten Zeitkiller entwickeln, wenn man sich nur mal so einen verregneten Abend lang durch die Kurzfilme klickt.

Und was entdecke ich dort gerade? Einen meiner absoluten Lieblingsfilme — “M, eine Stadt sucht einen Mörder”. Wer mit den englischen Untertiteln leben kann, darf selbst gucken, wie gut dieser das Genre der “Serial Killers” begründende Film ist.

Hier gibt es den Film in den verschiedensten Formaten zum Download, unter anderem auch in DVD-Qualität.

Geschrieben um 23:21

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Ich seh in 3D!

2006-01-29
Wisst ihr noch? Damals? So Anfang der 80er? Als ganz Deutschland zum Optiker gerannt ist um sich Pappbrillen mit Farbfolien zu besorgen? Um dann in den dritten Programmen komische Filmchen zu sehen, in denen Leute irgendwas über drei Dimensionen erzählten? Und Gegenstände auf den Zuschauer richteten, die dieser dann mit “Das kommt ja auf mich zu!” bestaunen musste, auch wenn es nur in schwarz-weiß war? Nicht?

Kruemelmonster mit 3D-BrilleFür “Der weiße Hai III - 3D” war ich 1983 doch noch etwas zu jung, die nächste 3D-Welle schwappte dann 1998 über die Zuschauer, als Pro7 ausgewählte Tierreportagen in einem Verfahren zeigte, bei dem Linksschwenks der Kamera dreidimensional wirkten, wenn man eine Brille trug, die das rechte Auge verdunkelte. Und natürlich gibt es im IMAX oder in anderen Kinos immer wieder mal kurze Filmchen in 3D. Das Problem dabei: In den Kinos waren dafür zwei Projektoren nötig, die zwei Filme zeitgleich abspielen müssen, damit das Bild nicht auseinanderläuft. So richtig begeistert hat mich das alles nie, obwohl die 3D-Effekte stellenweise schon recht beeindruckend waren.

Im Zuge der allgemeinen Digitalisierungswelle steht den Kinos jetzt aber ein Paradigmenwechsel ins Haus: Weg vom Zelluloid, hin zu Digitalprojektoren. Viele Cineasten sehen diesen Wechsel sehr kritisch als “Weg vom Film, hin zum Video”. Für 3D-Filme scheint es aber dadurch neue Chancen zu geben.

Das Cinema in München zeigt gerade den ersten Spielfilm in einem neuen 3D-Verfahren, dem sogenannten Disney Digital-3D. Ein Digitalprojektor projiziert zwei polarisierte Bildströme auf die Leinwand, immer im Wechsel. Das ganze passiert laut Berichten 144 Mal pro Sekunde - also 72 Bilder für jedes Auge. Es besteht kein Bedarf mehr an zwei synchron laufenden Projektoren. Und ich muss sagen: Ich bin beeindruckt. Der Film ist nicht auf 3D-Effekte ausgelegt, sondern nutzt die dritte Dimension, um die Welt in der der Film spielt plastischer zu gestalten. Die Bilder sind scharf, das Auge gewöhnt sich sehr schnell an die zusätzlich vorhandene Dimension. Animationsfilme sind wahrscheinlich ein sehr gutes Vehikel für dreidimensionale Filme, auf den ersten in diesem Verfahren gedrehten “Realfilm” müssen wir wahrscheinlich noch ein wenig warten.

Der Film: Chicken Little (Himmel und Huhn) ist ein sehr lustiger Animationsfilm für Kinder, der auch sehr viele Szenen für die begleitenden Erwachsenen beinhaltet, man muss sich nicht verloren vorkommen, wenn man ohne kleinen Begleiter ins Kino geht. Ich denke, dass hier auch die Crux der 3D-Filme liegen wird: Es ist einfach, auf Effekte abzuzielen, ist der Film jedoch untauglich, dürfte auch hier der Zuschauer schnell ermüden. Chicken Little kann auch ohne Dreidimensionalität bestehen, ein Erlebnis war es dennoch. Und es ist nicht mit dem zu Vergleichen, was bisher ein “3D” im Titel trug. Ob es beim Hype bleibt, weil zu viele schlechte Filme auf die Technik setzen, oder ob gute Filme durch die Technik gewinnen und aus dem Hype Normalität wird, wird sich zeigen. Ich möchte momentan keinen Tipp abgeben in welche Richtung das gehen wird.

Geschrieben um 16:49

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Neu wiedergesehen: Berlin Babylon (2001)

2005-11-12
Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass freie oder missliebige Orte in einer Stadt so schnell wie möglich neu um- oder bebaut werden müssen. Nirgendwo erreichte dieses Gesetz eine Gültigkeit wie in den neunziger Jahren in Berlin. Nachdem die Mauer gefallen und abgetragen war, gab es Brachen von ungeheurem Ausmaß in der Stadt: Der Potsdamer Platz war ein freies Feld, der Alexanderplatz sah in den Augen des Westens wie ein Platz ohne jegliche Funktion oder Relevanz aus; der Todesstreifen der Berliner Mauer zog Furchen durch Gebiete, die vor 1989 Randbezirke waren und sich plötzlich in der Innenstadt wiederfanden - vom ungeliebten Schmuddelkind der Stadt plötzlich zu Bezirken wurden, die auch für Investoren interessant wurden.

Berliner Fernsehturm Hubertus Siegerts Film Berlin Babylon beobachtet die Versiegelung dieser Wunden im Zeitraum von 1996 bis 1999 - zumindest beobachtet er das, was sich Archtitekten, Baustadträte, Staatssekretäre und Investoren unter dem Neubau einer in ihren Augen zerstörten Stadt vorstellen.

Siegerts Film kommt ohne Kommentar aus, er lässt die Protagonisten des Neubaus frei sprechen und bezieht seinen eigenen Standpunkt in dieser Diskussion durch die von Ralf K. Dobrich und Thomas Plenert wundervoll fotografierten Bilder. Die Kamera nähert sich der Stadt aus allen Himmelsrichtungen, Kameraflüge entlang der “Längsten Baustelle der Welt” oder Straßenbahnfahrten durch den Berliner Osten zeichnen ein Bild der Stadt, das die meisten Berliner Einwohner so nicht kennen dürften: Die großen Baugruben der Stadt im Umbruch, Kamerafahrten durch große Hinterhofanlagen, Bilder von Zusammenbruch und Neuentstehung.

Ansonsten lässt Siegert den Entscheidern in seinem Film freie Hand, er lässt Architekten wie Rem Koolhaas, Helmut Jahn, Renzo Piano und Axel Schultes zu Wort kommen, lässt sie erklären, wie sie sich das neue Berlin vorstellen - und warum. Im Spannungsfeld zwischen Geschichte und Neuem, zwischen Politik und den Kreativen schimmert immer wieder die Frage durch, wie das Neue in die Vergangenheit der beiden Städte Berlin passt - bis hin zu den Verfechtern des Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses, die sich als Bewahrer eines Stadtbaus des späten 19. Jahrhunderts zeigen, aber auch zu den Bauherren der Niederländischen Botschaft, die sich nicht an die alten Berliner Baudogmen halten wollen.

Originalaufnahmen aus den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren zeigen auf, wie es zu diesen Löchern im Stadtbereich gekommen ist, Aufnahmen aus den frühen neunziger Jahren zeigen, wie neue Löcher hinzugekommen sind - faszinierende Bilder von Sprengungen typischer Gebäude für die jeweilige Zeit.

Der Film lässt offen, ob er sich für die Bewahrung des Alten, der behutsamen Anpassung oder dem Neubau fern aller lokalen Begebenheiten ausspricht - diese Entscheidung bleibt dem Zuschauer überlassen. Die Protagonisten geben ihm eine Entscheidungshilfe zur Hand, der Zuschauer dürfte sich nach dem Film dennoch nicht sicher sein, wo er in der Stadt steht. Ein sehr lohnenswerter Film - vor allem für diejenigen, die diese Zeit in Berlin erlebt haben.

Und über allem liegt die Musik der Einstürzenden Neubauten, die sich perfekt in die Industriegeräusche und -bilder in diesem Film einfügt. Eine großartige Dokumentation, die man sicherlich schwer vergißt; spätestens der nächste Berlinbesuch ruft die Bilder wieder hervor.

Geschrieben um 14:31

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