Vortrag: Nachtrag

2007-02-27
Die Folien zu meinem Vortrag lassen sich auf dem CentOS Wiki finden.

Geschrieben um 23:31

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Brüssel

2007-02-27
Brüssel ist ein bisschen wie München: Beides Millionenstädte, in denen alle wichtigen Orte zu Fuß oder mit der Tram erreichbar sind. Dennoch beides Städte, die von vielen mehrspurigen Straßen zerschnitten werden. Beides internationale Städte, in deren Straßen viele Sprachen zuhause sind. In beiden Städten gibt es an jeder Ecke Bier. Und beide Städte sind zweisprachig: In der einen überwiegt französisch, in der anderen bayerisch.

Drei
Sphären des Atomium Brüssel ist für den Fußgänger allerdings angenehmer. An jeder Kreuzung und in regelmäßigen Abständen an den Straßen befinden sich Zebrastreifen, die von den Autofahrern akzeptiert werden. Auf der anderen Seite ist es auch unangenehmer, da es entweder den Hügel rauf oder den Hügel runter geht. Und das merkt man am Ende des Tages in den Beinen. Nach der Ankunft im Hotel am Donnerstag ging es zuerst zum Atomium, dies noch mit der Metro, da Heysel etwas vor der Stadt liegt. Da die Aluminiumverkleidung der Sphären in den letzten Jahren durch Stahl ersetzt wurde, glänzt das Atomium wie nie zuvor. Sehr beeindruckend, mehr als ich erwartet hatte.

Die vor dem Atomium stehenden Schlangen waren zu erwarten, der geringe Platz in der oberen Sphäre nicht. Die Aussicht auf die Stadt ist wundervoll, man steht aber direkt nach dem Ausstieg aus dem Aufzug schon wieder in der Schlange, die auf den erneuten Einstieg in den Aufzug wartet. Drängelig voll. Schade. Danach dann der Rundgang durch die erreichbaren Sphären, in denen sich eigentlich Ausstellungen über das Ende der 50er Jahre befinden sollten — diese scheinen aber noch nicht wieder komplett vorhanden. Mehr schöne Aussichten, insgesamt hatte ich mir etwas mehr versprochen.

Danach zum Berlaymont, dem Sitz der europäischen Kommission. Hier zeigt sich, dass Brüssel etwas eng bebaut ist, man bekommt das Gebäude von keiner Seite komplett auf ein Bild. Das wird sich in den nächsten Tagen noch des öfteren wiederholen, außer an den größeren Plätzen. Noch etwas fällt unangenehm auf: Die Beschallung aller U-Bahnhöfe mit Populärmusik. Schon die klassische Musik auf einigen Münchner U-Bahnhöfen geht mir auf die Nerven, Brüssel übertrifft das spielend.

Weiter zur berühmten Kathedrale, die hat auch eine eigene U-Bahnstation. Ooops, leider doch nicht. St. Catherine ist doch was anderes als St. Michel. Hier riecht es nach Fisch, der Fischmarkt ist um die Uhrzeit aber schon beendet. Aber St. Catherine ist ein guter Ausgangspunkt für einen ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt. An der Börse vorbei über den “Großen Platz” — der in Leuwen wirkt größer — quer durch die ganze Innenstadt. Schöne alte Bauten, kleine Gassen und plötzlich eine Menschenmenge an einer Straßenecke, alle mit Kameras bewaffnet. Manneken Pis. Die Menschenmenge verhindert glücklicherweise eine genauere Betrachtung. Und an jeder Ecke gibt es Essen oder Bier. Und an jeder zweiten Ecke befindet sich ein Schokoladenladen.

Schild gegen Hundekacke Ich mache mich langsam auf den Heimweg. Da ich um kurz nach fünf aufgestanden bin, macht sich etwas Müdigkeit breit. Zu Fuß also zurück nach St. Gillis, dem Viertel, in dem das Hotel steht. In der Nähe noch kurz lecker gegessen, um zehn Uhr bin ich dann auch schon eingeschlafen. St. Gillis erweist sich am nächsten Morgen als recht interessantes und multinationales Viertel. Auf der einen Seite des Hügels an Kreuzberg erinnernd, auf der anderen Seite des Hügels eher an Berlin Mitte, findet sich hier eine schöne Mischung aus kleinen Läden, gehobener und einfacher Gastronomie. Nett.

Zurück in die Innenstadt, heute komplett zu Fuß. Den Palais de Justice (werden hier eigentlich alle belgischen Verfahren behandelt?) bewunderte schon Speer, kein Wunder bei dieser wuchtigen Architektur. Die, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren. Weiter quer durch die Stadt, bis die richtige Kathedrale gefunden ist. Hier sind die brabantischen Herrscher aufgebahrt, hier haben alle belgischen Monarchen die Messe gehört. Um nun noch etwas Zeit totzuschlagen fällt ein Besuch im belgischen Comicmuseum an. Neben vielen Originalzeichnungen ist hier ein Überblick über die belgische Comicszene zu finden, von Hergé über Péyo bis Franquin. Wenn man weder französisch noch niederländisch fließend beherrscht, wird das leicht zu einem kompletten visuellen Overkill, so dass ich das Museum nach ungefähr einer Stunde schon wieder verlasse. Seltsam übrigens, wie schnell das Gehirn schon längst vergessenes Französisch wieder ausgraben kann. Wie ich später feststelle, kann ich allerdings niederländisch sehr gut verstehen, französisch dafür besser sprechen.

Nun zum geselligen Teil dieses Wochenendes. Um 14:00 treffen sich europäische CentOS- und Fedoraentwickler zum gemeinsamen kennenlernen. Von Fedora ist niemand zu sehen, unter den CentOS-Leuten entwickeln sich aber sehr schnell interessante Gespräche. Jeff Johnson (der Entwickler von RPM) und Luke Kanies (der Entwickler von Puppet) sind ebenfalls dort. Gegen 18:00 zieht es uns dann zu etwas essbarem, danach dann zum FOSDEM-Beer-Event, der leider völlig überfüllt ist. Also zurück in die erste Kneipe, einen eigenen solchen veranstalten. Spät(er) dann zurück ins Hotel, morgen fängt FOSDEM an.

14:00 Uhr. Im Raum befinden sich etliche Leute und ein leicht nervöser Ralph. Englischsprachige Vorträge hält man schließlich nicht jeden Tag. Geht aber alles gut, bei der anschließenden Q&A-Session findet ein reger Gedankenaustausch statt. Den Rest des Tages verbringe ich mit interessanten Gesprächen an unserem Stand und mit dem Besuch von ein paar weiteren Vorträgen. Abends zieht es uns nach Leuwen, um dort zu essen und ein paar weitere Biere zu verspeisen. Daran scheint in Belgien kein Mangel zu herrschen. Wieder spät ins Bett — morgen früh geht es um 10:00 Uhr mit der Wiederholung des Vortrages weiter.

Tim und
Struppi-Rakete Müde. Das Publikum anscheinend auch, es sind ca. 10 Leute anwesend. Schade, da der Vortrag besser verläuft als noch am Vortag. Karanbir schließt mit seinem Vortrag direkt an meinen an — was kann man als Mitglied der Community machen, um CentOS zu unterstützen. Auch hier wären ein paar Zuhörer mehr schön gewesen. Der Rest des Tages verläuft wie der Tag zuvor. Außer dass wir diesmal nicht nach Leuwen fahren und ich schon gegen 23:00 Uhr im Bett bin.

FOSDEM ist eine interessante Veranstaltung. Mittlerweile zum siebten Mal veranstaltet, zieht diese Konferenz Entwickler von freier Software und andere Enthusiasten aus Europa und anderen Kontinenten an. Frei von kommerziellen Anbietern gibt es hier eine Hauptkonferenz mit Vorträgen, während viele kleinere Projekte in sogenannten Devrooms ihre eigenen Konferenzen abhalten können, mit jeweils eigenen Vorträgen und Diskussionsrunden. An den Ständen der Projekte lassen sich längere Gespräche führen, die meist interessant ausfallen. Ich werde auf jeden Fall versuchen im nächsten Jahr wieder da zu sein.

Montag ist das lange Wochenende dann vorbei. Der Idee, die Ecke um den Gare du Nord herum zu erkunden, macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung, leider. Also nehme ich noch ein paar Kaffee zu mir, esse etwas, gucke etwas deprimiert in den Regen und entscheide mich, früh zum Flughafen zu fahren. Dort langweile ich mich dann zu Tode, nur um kurz vor dem geplanten Abflug zu erfahren, dass der Flug um ca. eine Stunde verspätet ist. *sigh*

Brüssel ist wirklich eine sehr sehr schöne Stadt. Um es mit Jeff Johnson zu sagen: “Ich könnte eine Menge Zeit in dieser Stadt verbringen um herauszufinden, ob ich mich an diese Stadt gewöhnen könnte”. Wie wahr. Eventuell sollte man mal im Sommer wiederkommen, obwohl ich mit dem Wetter eigentlich Glück hatte. Ein gelungenes Wochenende.

PS: Belgische Fritten sind wirklich leckerer als das, was man hier in Deutschland normalerweise serviert bekommt. Das Bier ist allerdings sehr gewöhnungsbedürftig. Sehr stark und dadurch auch sehr süß. Nicht so wirklich meins.

Hier in München ist das Wetter übrigens gerade auch nicht besser. Das Bier aber schon.

Geschrieben um 23:16

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