Erstaunlich übrigens …

2007-09-23
wie die ganze Debatte einem Text von Maximillian Dornseif ähnelt, den er im Herbst 1997 (also so ziemlich genau vor zehn Jahren) in der Newsgruppe de.org.ccc gepostet hat:

Ein Plädoyer für eine stärkere Überwachung der gelben Post

Von der Öffentlichkeit unbemerkt, hat sich in den letzten Jahrzehnten langsam und unauffällig eine Herausforderung für den Rechtsstaat entwickelt, die nun nur durch harte, aber schmerzliche Schritte zurück gedrängt werden kann.

Der Postdienst war ursprünglich vom Militär entwickelt worden, um wichtige Kommandos und Depeschen zu verbreiten. Inzwischen wird er überwiegend zu kommerziellen Zwecken gebraucht. Allerdings wird er auch zunehmend von Rechtsbrechern genutzt. Diesen unlauteren Nutzungen der Briefpost muß energisch Einhalt geboten werden.

Zum einen benutzen viele Verbrecher Briefe, um miteinander zu kommunizieren. Sie verwenden dazu einen anonymen Service der Briefpost, der unter dem Namen “Postfach” bekannt ist. Auch das abschicken von Briefen ist anonym möglich, so daß beispielsweise Drohbriefe abgeschickt werden können, ohne daß der Absender feststellbar ist. Durch die Nutzung von Briefpost können Rechtsbrecher ungleich schneller und einfacher kommunizieren, als es ihnen möglich wäre, wenn sie sich persönlich treffen müßten. Viele Verbrechen werden dadurch erst möglich.

Briefe sind äußerst schwierig zu überwachen. Da sie meist in verschlossenen Umschlägen versendet werden, ist es den Strafverfolgungsbehörden nur unter großen Schwierigkeiten möglich, den Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Der Umschlag muß aufwendig geöffnet werden, ohne daß dies dem Empfänger auffällt.

Noch schlimmer ist, daß viele der Briefe in Dialekten oder fremden Sprachen oder in einer unleserlichen Handschrift abgefaßt sind. Die ermöglicht es kriminellen zu kommunizieren ohne daß die Strafverfolgungsbehörden eine Chance haben, vom Inhalt der Mitteilung Kenntnis zu erlangen.

Durch diese Umstände wird es möglich, daß die Briefpost von allen Arten von Kriminellen mißbraucht wird. Terroristen versenden Bombenpläne mit der Post, Drogenhändler ihre Drogen und Pornographen ihre Bestialitäten. Noch schlimmer: Auch die Pädofilen versenden ihre Monströsitäten per Post und verabreden sich auf dem Postweg. Ohne Zuhilfenahme der Briefpost wäre dieses Treiben enorm erschwert, wenn nicht unmöglich.

So geht es nicht weiter!
Wir müssen unsere Kinder schützen!
Der Rechtsstaat darf nicht wegsehen!
Deshalb fordern wir:

  • Abschaffung der anonymen Post.
  • Es darf nicht mehr jedem Verbrecher möglich sein, die Post ohne Gefahr der Erkennung Briefe zu versenden. Deshalb müssen die zahlreichen anonymen Briefkästen abgeschafft werden. Post darf nur noch in Postämtern unter Vorlage einer Identifikation aufgegeben werden. Pseudo-Anonyme “Postfächer” müssen unter ausführlicher Angabe von Gründen beantragt werden. Bestehende Postfächer können eventuell einen 9-monatigen Bestandsschutz erhalten.
  • Verbot der verschlossenen Post.
  • Ein gesetzestreuer Bürger hat im Rechtsstaat nichts zu verstecken und nichts zu befürchten. Deshalb dürfen nur noch Postkarten oder unverschlossene Briefsendungen verschickt werden. Wer Briefe verschließt, macht sich verdächtig. Desweiteren muß die Post den Ermittlungsbehörden unbeschränkten Zugang zu der Briefpost gewähren, ohne das die Post Kenntnis von den Zugriffen erlangt. Um dies zu ermöglichen, käme es beispielsweise in Frage, die Bearbeitung der Post in der Zeit von 13:00h bis 21:00h und von 6:00h bis 11:00h ruhen zu lassen. In dieser Zeit müßten die Postbediensteten sich aus den Räumlichkeiten der Briefverteilzentren zurück ziehen und den Ermittlungsbehörden Zugang gewähren.
  • Verbot der unleserlichen Post.
  • Es darf nicht sein, daß Gangster unter dem Deckmantel der Individualität in irgendwelchen Sprachen oder Schriftarten kommunizieren um den Ermittlungsbehörden den Zugriff auf ihre Kommunikation unmöglich zu machen. Auch hier sei noch einmal angeführt, daß der gesetzestreue Bürger nichts zu verbergen hat. Wer in einer unleserlichen Handschrift schreibt, muß eine maschinenschriftliche Abschrift seines Briefes beilegen. Mundarten oder fremde Sprachen in Briefen sind verboten; in Ausnahmefällen können sie jedoch genehmigt werden, wenn der Verwender ein Lexikon oder eine sonstige Ubersetzungshilfe für die verwendete Sprache bei der zuständigen Stelle hinterlegt.
  • Sperrung krimineller Adressen.
  • Bestimmte Adressen im Schutze des Auslands, auf die die deutsche Strafverfolgung leider keinen Zugriff hat, begehen permanent Rechtsverstöße. Von der deutschen Bundespost kann deshalb verlangt werden, daß sie jeglichen Briefverkehr an diese Adressen sperrt.

Schon erstaunlich. Wer hat da wohl von wem abgeschrieben? Und nicht verstanden, dass obiger Text als Satire gedacht war?

Geschrieben um 13:12

[/politik] [permanent link] [Startseite]

Es ist mal wieder Wochene(n)de …

2007-09-23
… und die Politiker nehmen sich das Wort des Papstes in Österreich zu Herzen und besinnen sich auf das eigene Tun. Dummerweise tut da immer ganz furchtbar schwachsinniger Kram rauskommen:

a) Altersteilzeitler — bzw. politischer Rentner — Eduard Stoiber toleriert andere Religionen (na gut, das ist schon vor dem Wochenende geschehen):

“Es gibt eine in Jahrhunderten gewachsene Leitkultur in Deutschland”, sagte er der “Bild”-Zeitung. “Also: Bei aller Toleranz - Kathedralen müssen größer sein als Moscheen.”

Im gleichen Artikel fühlt er mit den Frauen hinterm Herd mit, die anscheinend das Lebensgefühl von zwei Dritteln aller Deutschen personifizieren. Und den Transrapid will er auch noch auf den Weg bringen, bevor er in den Hauptbahnhof einsteigt.

Die Online-Durchsuchung ist noch nicht beschlossen, da zeigt sich, was CDU-Politiker unter Terrorgefahr verstehen und wie sicher die Politkersprüche sind, die sowas wie “99,9% aller Bürger sind nicht davon betroffen” faseln. Ist etwas möglich, so wird es auch für anderes verwendet. So z.B. die Mautdaten, die mittlerweile zur Verbrechensaufklärung genutzt werden (sollen). Bei der Einführung der Autobahnmaut, war das völlig ausgeschlossen, dass diese Daten für anderes als Abrechungszwecke genutzt werden. So erstaunt es nicht, dass der rheinland-pfälzische CDU-Chef Baldauf folgende Wirrniss von sich gab:

Baldauf befürwortete die Pläne von Innenminister Schäuble zur Online-Durchsuchung. Werde diese eingesetzt, könne man sie auch bei gewaltbereiten Fußball-“Fans” einsetzen. “Man muss im Vorfeld dringend darüber nachdenken, Sicherheitslücken zu schließen”, erklärte Baldauf, seit 25 Jahren Dauerkarten-Besitzer auf dem Kaiserslauterer Betzenberg. “Online-Durchsuchungen muss man auch in diesem Bereich zulassen, weil nicht unterschätzt werden darf, dass viele Dinge im Vorfeld über Computer abgesprochen werden.” Zu denken gebe ihm, “dass sich das Gewaltpotenzial nicht auf Erste und Zweite Liga konzentriert, sondern dass es auch in den unteren Ligen gefährlich wird”.

Auch dieser Artikel ist von vorm Wochenende, aber immerhin dieser Eintrag hier von Sonntag, so dass ich obige Einleitung stehen lassen kann. Uff.

Geschrieben um 12:52

[/politik] [permanent link] [Startseite]

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-Noncommercial-Share Alike 2.0 Germany License.