Also doch kein Überwachungsstaat?

2008-04-22
Weil ich das gerade zufälligerweise gefunden habe — folgend eine Liste der Befugnisse, die das BKA erhalten soll. Die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ist übrigens bisher Ländersache. Wir haben auch schon eine Bundespolizei mit einem recht beschränkten Auftrag. Und nun bekommen wir noch eine Staatspolizei hinzu. Als Überwachungsstaat verleumden soll man unseren “Rechtsstaat” dennoch nicht.

  1. Persönliche Daten sammeln
  2. Personen befragen (diese sind verpflichtet, Auskunft zu geben)
  3. die Identität von Personen feststellen und Berechtigungsscheine prüfen
  4. Personen erkennungsdienstlich behandeln, das heißt u.a.
    1. der Person Fingerabdrücke abnehmen,
    2. der Person Handflächenabdrücke abnehmen,
    3. Foto der Person aufnehmen,
    4. Videoaufzeichnung der Person aufnehmen,
    5. äußere körperliche Merkmale der Person feststellen,
    6. Messungen an der Person vornehmen,
    7. die Stimme der Person aufzeichnen.
  5. Personen vorladen (diese sind verpflichtet, zu erscheinen)
  6. Besondere Mittel der Datenerhebung anwenden, darunter
    1. langfristige Observation von Personen
    2. geheimes Fotografieren, Filmen und Abhören, auch in Wohnungen
    3. sonstige Observationsmittel einsetzen wie GPS-Wanzen
    4. Beamte („verdeckte Ermittler“) und Privatpersonen („Vertrauenspersonen“) einsetzen, die sich das Vertrauen des Betroffenen durch Täuschung erschleichen und mit dem Betroffenen auch Wohnungen betreten dürfen; verdeckte Ermittler dürfen auch falsche Papiere benutzen
  7. Personen zur geheimen polizeilichen Beobachtung ausschreiben
  8. Datenbestände jeder Behörde, jedes Unternehmens und jeder Privatperson erheben, um sie nach bestimmten Merkmalen zu rastern (Rasterfahndung)
  9. heimlich Computer und andere Geräte überwachen und Daten auslesen
  10. Telefon, Handy, E-Mail, Internet und andere Telekommunikation überwachen
  11. Verbindungsdaten abrufen, einschließlich verdachtslos auf Vorrat gespeicherter Daten
  12. Standortdaten von Handys abrufen, einschließlich verdachtslos auf Vorrat gespeicherter Daten
  13. Internet-Nutzungsdaten abrufen, z.B. von Google und eBay
  14. Handys identifizieren und lokalisieren („IMSI-Catcher“)
  15. Platzverweise erteilen
  16. Personen in Gewahrsam nehmen
  17. Personen durchsuchen
  18. Sachen in Abwesenheit des Eigentümers geheim durchsuchen
  19. Sachen sicherstellen
  20. Wohnungen durchsuchen. Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen.
  21. Das BKA darf erlangte Daten an jede öffentliche Stelle zur Abwehr einer erheblichen Gefahr und zur Strafverfolgung weiter geben. Das gilt auch für „Zufallsfunde“. Das BKA darf erlangte Daten auch an die Geheimdienste für deren Zwecke weiter geben.

Lediglich Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete sind vor diesen Maßnahmen geschützt, aber auch nur dann, wenn sie ihren Beruf ausüben und wenn sie nicht diejenigen sind, von denen die Gefahr ausgeht. Herzlichen Glückwunsch.

Geschrieben um 19:44

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Schäuble des Tages

2008-04-22
“Ich rate jedem, mich nicht als permanenten Verfassungsbrecher zu verleumden.” und “Aber bei der Diffamierung unseres Rechtsstaates als Überwachungsstaat hört es auf.” (beides bei Heise).

Ich frage mich ja, woher diese Einschätzung ziemlich vieler Leute kommt. Liegt es eventuell daran? Ich schätze etliche dieser Vorhaben durchaus als Angriff auf unseren Rechtsstaat ein - und nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz nach dem anderen als verfassungswidrig kassiert, kann ich mir auch vorstellen, warum Schäuble als Verfassungsbrecher bezeichnet wird.

Wie heißt es so schön? Wie man in den Wald hineinruft …

Geschrieben um 19:28

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